
Maria Höfl-Riesch
„Ich bin gerne noch mit dem Weltcup-Zirkus verbunden“
Die Ski-Karriere von Maria Höfl-Riesch ist eine der bemerkenswertesten und erfolgreichsten in der Weltcup-Geschichte. Mit 27 Einzelsiegen in allen Disziplinen außer dem Riesenslalom sowie fünf Goldmedaillen bei Olympia und bei Weltmeisterschaften sowie dem Gesamtweltcupsieg 2011, stellt sie sich auf dieselbe Stufe wie Katja Seizinger und Rosi Mittermayer.
Seit ihrem Rücktritt nach Sotschi 2014 bringt sie mit ihrem Mann Markus Höfl eine Winterbekleidungs-Kollektion heraus. Sie hat 2012 ihre Autobiographie unter dem Titel Geradeaus: Höhen und Tiefen meines Lebens herausgebracht. Maria hat im Internet ihr eigenes Fitness-Portal aufgebaut unter www.mariamachtdichfit.de und sie arbeitet im Winter als TV-Expertin.
Marc Girardelli: Maria, bei so vielen Projekten und Aktivitäten, bleibt dir da noch Zeit für dich selber übrig?
Maria Höfl-Riesch: Doch, ich habe schon genug Freizeit. Es wäre schlimm, wenn ich mir nach so einer harten und langen Karriere keine Zeit für mich gönnen würde. Ich kann mir das sehr gut einteilen übers Jahr. Im Winter mehr die Kollektion und die TV-Arbeit mit dem Ski-Weltcup. Im Sommer wieder mehr Sport mit der MS Europa und meinem Fitnessprogramm. Die restliche Zeit verbringe ich im Sommer gerne in unserem neuen Haus am Gardasee.
Marc Girardelli: Wie läuft das denn ab auf dem riesigen Cruising-Liner MS Europa? Praktizierst du da dein Fitness-Programm?
Maria Höfl-Riesch: Ja genau. Aber das mache ich zusammen mit einem Spezialisten aus Salzburg, der auch mit modernsten Geräten die Teilnehmer biometrisch und organisch ausmessen kann und dementsprechend das Trainingsprogramm individuell auf jeden anpassen kann. Ich bin pro Jahr ca. 30 Tage oder bei zwei bis drei Reisen auf dem Schiff. Eine tolle Sache, wo ich immer wieder sehr nette Menschen kennen lerne.
Marc Girardelli: Das tönt nicht gerade nach innigem Familienleben. Kommt da der Markus mit dir, oder wie macht ihr das, wenn du solange unterwegs bist?
Maria Höfl-Riesch: Der Markus ist selber sehr engagiert im asiatischen Raum, weil sich das Fußball Geschäft sehr stark in diese Region verlagert. Aber er nimmt sich immer wieder die Zeit und besucht mich für ein paar Tage auf dem Schiff. Auch er braucht ab und zu mal ein paar Tage Erholung, obwohl er kaum völlig von seiner Arbeit zu trennen ist. Aber wenn der Job so interessant ist, belastet einen das hohe Arbeitspensum auch nicht so sehr.
Marc Girardelli: Habt ihr zwei denn in der warmen Jahreszeit überhaupt die Gelegenheit, mal richtig gemeinsam Urlaub zu machen?
Maria Höfl-Riesch: Früher nahmen wir uns schon mal die Zeit auf die Seychellen zu fliegen, weil ich nach meiner Skisaison wirklich mal 2 Wochen richtig abschalten musste. Aber jetzt, nachdem ich mit der Skifahrerei aufgehört habe, genießen wir die Zeit am liebsten zuhause in Kitzbühel oder am Gardasee, wo wir seit kurzem ein tolles Haus gekauft haben.
Marc Girardelli: Nach so viel Sport mit den Gästen am Schiff, hast du denn noch Lust, selber Sport für dich zu machen? Bist du in Kitzbühel den Hahnenkamm und die Streif schon mal hochgelaufen?
Maria Höfl-Riesch: Ja klar, es gibt ja dort sogar ein richtiges Rennen vom Ziel zum Start hoch. Unglaublich, dass die Bestzeit beim Rauflaufen „nur“ 30 Minuten ist. Immerhin sind es ja fast 900 Höhenmeter. Ich nehme es da schon wesentlich gemütlicher. Aber ich fahre die Streif natürlich auch im Winter ab. Und es ist jedes Mal wieder ein Erlebnis, hier runter zu fahren.
Marc Girardelli: Hättest du denn noch Lust, mal so eine Abfahrt im vollen Speed runter zu schießen, wie früher?
Maria Höfl-Riesch: Nein, das Feuer für dieses Risiko und die Geschwindigkeit ist erloschen. Wenn man sich so lange an der Grenze bewegt hat und dabei auch etliche Verletzungen in Kauf nehmen musste, möchte man das Schicksal nicht noch unnötig herausfordern. Der Körper hat auch längst nicht mehr das Niveau, um solche Belastungen auszuhalten. Deshalb fahre ich auch keine Legendenrennen mit. Ich verstehe auch nicht, wieso sich etliche meiner Kolleginnen immer wieder den Helm anziehen und solche Gaudi-Rennen mitmachen. Die fahren dann immer noch voll und riskieren dabei mehr, als sie sollten. Das reizt mich gar nicht mehr.
Marc Girardelli: Das bringt mich zu meiner nächsten Frage, du arbeitest im Winter als TV-Expertin. Da du ja auch die Männer mitkommentierst, musst du da ein gewisses Know-How haben. Musst du dich da speziell darauf vorbereiten?
Maria Höfl-Riesch: Ja, am Anfang musste ich das schon ein wenig. Vor allem wegen der Herren-Strecken, die ich größtenteils nicht kannte. Da musste ich natürlich im Vorfeld die Besichtigungen mitmachen und auch mit verschiedenen Leuten darüber reden. Aber mit meinem Kollegen Gert Rubenbauer ist das alles sehr interessant und lustig. Wir sprechen auch im Sommer über bestimmte Sachen und schauen uns auch mal Archiv-Aufnahmen von früher an, um das Verbesserungspotenzial zu lokalisieren. Ich bin gerne noch mit dem Weltcup-Zirkus verbunden und umso schöner, wenn ich dabei noch eine interessante Tätigkeit ausüben kann.
Marc Girardelli: Was gibt er dir denn für einen Tipp, wer im kommenden Winter die Ski-Szene beherrschen wird?
Maria Höfl-Riesch: Zum jetzigen Zeitpunkt ist es sicherlich noch etwas zu früh, um konkrete Prognosen abgeben zu können. Aber ich gehe mal davon aus, dass es wieder die üblichen Verdächtigen sein werden mit Michela Shiffrin, Anna Fenniger, Lara Gut und Lindsey Vonn natürlich, bei den Frauen. Bei den Herren wird wohl wieder Marcel Hirscher das Maß der Dinge darstellen. Es gibt neben ihm keinen, der in drei Disziplinen ein so hohes Niveau über die gesamte Saison halten kann.
Marc Girardelli: Liebe Maria, ich danke dir für das nette Gespräch und wünsche dir einen schneereichen und schönen Winter.